Conversion Boost durch personalisierte Ansprache

Teil 2: Was macht gute Personalisierung aus?

Von Christoph Knaup, Marketing Manager, prudsys AG

Personalisierung gehört zu unserem Alltag. Wir kennen die verschiedensten Formen, wie die persönliche Anrede in einer E-Mail, individuelle Rabatt-Gutscheine oder individuelle Produktempfehlungen in unserem Lieblings-Onlineshop. Viele Anbieter setzen inzwischen auf sehr umfangreiche Personalisierungskonzepte und doch kommen wir immer wieder in Situationen, in denen scheinbar persönliche Empfehlungen als unpassend oder irrelevant empfunden werden. Die Qualität einer Empfehlung ist somit von entscheidender Bedeutung.

Der folgende Beitrag zeigt auf, welchen Einfluss die Empfehlungs-Qualität auf das Einkaufserlebnis und damit auf die Kundenbindung hat und wie ein innovativer Ansatz die Qualität eines Empfehlungskonzepts verbessert. Dazu werden zunächst einzelne Aspekte des Personalisierungsprozesses aufgegriffen und weiter ausgeführt.

Im Wesentlichen besteht der Prozess der Personalisierung aus drei Teilen: dem Benutzerprofil, dem Objekt der Personalisierung sowie den Techniken. Letztere ermöglichen erst die Personalisierung.

1. Das Benutzerprofil

Für die erfolgreiche Personalisierung ist die Unterscheidung der Benutzer einer Webseite genauso wichtig wie die Möglichkeit, die einzelnen Benutzer zu identifizieren und wiederzuerkennen. Dieser Schritt ist essentiell, um jeden einzelnen Nutzer zu charakterisieren und seine ganz spezifischen Merkmale zu speichern. Diese können unterschiedlich stark ausgeprägt sein, dennoch kann man die Kennzeichen in fünf Kategorien (Kenntnisse, Hintergrund, Erfahrungen, Präferenzen, demografische Daten) unterteilen. Das Benutzerprofil kann auf zwei Arten ermittelt werden. Zum einen durch das explizite Verfahren, bei dem die Nutzerdaten durch den Benutzer selbst eingegeben werden. Zum anderen durch die implizite Eingabe. Diese basiert auf der Beobachtung des Verhaltens. Die Informationen über den Anwender bilden die Grundlage für die Personalisierung. Je mehr Daten ich im Vorfeld über den Nutzer habe, desto besser kann ich von Anfang an personalisieren.

2. Objekte der Personalisierung

Ebenso wichtig ist es, die Objekte der Personalisierung zu klassifizieren. Also: Was genau kann personalisiert werden. Hierbei werden die Objekte in drei Ebenen unterteilt:

a.) Personalisierung von Inhalten

Der Inhalt eines Angebots oder einer Anwendung kann in vielerlei Hinsicht personalisiert gestaltet werden. Grundsätzlich wird dieser in drei Teilbereiche untergliedert: Information, Angebot und Produkt.

Bei der Personalisierung der Informationen wird auf die Auswahl, Sortierung und Aufbereitung verschiedener Inhalte Einfluss genommen. So werden zum Beispiel Suchanfragen personalisiert sortiert oder News nach persönlicher Präferenz dargestellt.

Die Personalisierung von Angeboten ermöglicht eine kundenindividuelle Angebotserstellung und sogar eine kundenindividuelle Konfiguration von Produkten. Ein Beispiel: Möchte ein Kunde eine Kamera kaufen, bietet es sich an, ihm unterschiedliche weiterführende Angebote zu unterbreiten, zum Beispiel ein Objektiv oder eine Garantieverlängerung. Hier bestimmt die Anzahl an Cross-Selling-Möglichkeiten, wie stark das Angebot individualisiert werden kann.

Das Personalisieren von Produkten bezieht sich auf das individuelle Zusammenstellen von Produkten. Stellt der Nutzer beispielsweise die Hardware seines PCs selbst zusammen, so ist das Endprodukt in gewisser Weise ein Unikat. Ein gutes Beispiel dafür sind die Produkte, die auf der Seite NIKEiD erstellt werden können. Hier wird der Artikel nicht nur mit einem persönlichen Schriftzug bestickt, es kann sogar ein vollkommen individuelles Design entworfen werden.

b.) Personalisierung von Interaktion
Auf der Ebene der Interaktion wird zwischen Personalisierung der Persönlichkeit, Intensität und Medienauswahl unterschieden.

Als „Persönlichkeit“ wird in diesem Sinne die Interaktion zwischen Anbieter und Kunde verstanden. Dabei bildet das gegebene Benutzerprofil die Grundlage, um den Kunden anzusprechen. Der Grad der Persönlichkeit sollte durch den Kunden selbst bestimmt werden können. Je mehr Informationen er über sein Benutzerprofil preisgibt, desto persönlicher kann er angesprochen werden. Genauso sollte der Kunde oder Nutzer die Möglichkeit haben, auch anonym zu interagieren. Neben dem Grad der Persönlichkeit ist der Dialog zwischen Nutzer und System (z.B. Recommendation Engine) wichtig. Dieser sollte idealerweise symmetrisch ablaufen, damit eine optimale gegenseitige Ansprache stattfinden kann. Das Benutzerprofil und die Interaktionsdaten (Klickstream, Kaufhistorien und Suchanfragen) müssen dafür in Echtzeit synchronisiert werden können – das ist die Basis für eine perfekte Empfehlung.

Die Personalisierung der Intensität legt der Nutzer selbst fest. Er bestimmt, in welchem Maße und zu welchem Zeitpunkt er Interaktion wünscht. Dafür muss der Nutzer die Möglichkeit haben, zum Beispiel die Inhalte und den Versandzeitpunkt seines Newsletters individuell festzulegen. Letzteres ist in der Umsetzung durchaus anspruchsvoll, in der Wirkung aber entsprechend effektiv.

Die Auswahl des richtigen Mediums für die Interaktion mit dem Nutzer ist wohl der entscheidendste Faktor. Im Multi-Device-Zeitalter sollte der Kanal, über den Nutzer und Anbieter kommunizieren, sehr gezielt ausgewählt werden. Dafür muss die Personalisierungslösung zwingend Omnichannel-fähig sein, denn die Anzahl an Touchpoints steigt stetig. So ist die Kommunikation per E-Mail längst Standard und neue Wege, wie What’s App, Social Media oder eigene Apps dienen zur Kontaktaufnahme und zum Informationsaustausch. Darauf sollte jeder Anbieter vorbereitet sein.

c.) Personalisierung von Medieninformationen

Auf der dritten Ebene wird der Technologieansatz personalisiert. Die Nutzeroberfläche und die Darstellung werden individuell angepasst.

Die Anpassung der Shop-Oberfläche an Benutzer-Stereotypen ist ein interessanter Weg, um jeden Nutzer schnell an sein persönliches Ziel zu führen. So würde der „Zielkäufer“ ein schlankes Design mit dem Fokus auf Suche und Produktdetails bekommen, während der „Schnäppchenjäger“ eine personalisierte Übersicht  mit rabattierten Angeboten erhielte. Für die mobilen Nutzer wird unabhängig von der Typisierung zuerst der Technologieansatz personalisiert. Dabei wird der Nutzer zum Beispiel automatisch zur mobilen Version der Webseite weitergeleitet oder er bekommt einen Hinweis auf die dazugehörige App.

3. Klassische Personalisierungstechniken

Vollumfängliche Personalisierung entsteht schließlich dadurch, dass das Benutzerprofil und das Objekt der Personalisierung zusammengeführt werden. Dabei kommen unterschiedliche Techniken zum Einsatz. Unterschieden werden hierbei die regelbasierte Personalisierung und das kollaborative Filtern. Erstgenannte passt das Objekt der Personalisierung anhand eines vorgegebenen, relativ starren, Regelwerks an das vorliegende Benutzerprofil an. Beim kollaborativen Filtern werden Verhaltensmuster zwischen Benutzergruppen ausgewertet und Ähnlichkeitsmatrizen gebildet. Beide Verfahren werden häufig kombiniert eingesetzt und folgen einer vordefinierten Strategie, die über Regeln und Filtern abgebildet wird. Hier ein Beispeil:

Es wurden vom Anbieter folgende Regeln aufgestellt:

Wenn der Benutzer X eine Frau ist, dann empfehle High Heels.
Wenn der Benutzer X ein Kleid kauft, dann handelt es sich um eine Frau.

Aus dem Warenkorb ist ersichtlich, dass ein Benutzer ein Kleid kaufen wird. So kann das Regel-System mit Regel 2 schließen, dass der Benutzer eine Frau ist. Dieses (erweiterte) Wissen kann es in einem weiteren Schritt nutzen, um mit Regel 1 High Heels anzubieten.

Die Basis jeder Personalisierungstechnik ist immer das Benutzerprofil. Zu Beginn muss also festgelegt werden, welche Informationen dem System für die Personalisierung zur Verfügung stehen. So sind bei einem eingeloggten Benutzer von Beginn an mehr Daten vorhanden, als bei einem unbekannten. Leere Benutzerprofile, sind beim kollaborativen Filtern problematisch, da ein leeres Profil keine sinnvolle Empfehlung erhalten kann. Das Gleiche gilt für neue Elemente (z.B. Produkte), die zu dem System hinzugefügt werden. Diese weisen keine Ähnlichkeit mit anderen Elementen auf und können daher nicht sinnvoll empfohlen werden. Dadurch steigt das Risiko, schlechte Empfehlungen auszuspielen, sodass an dieser Stelle optimiert werden muss.

Reinforcement Learning

Trotz der schon recht ausgereiften Personalisierungstechniken ist es notwendig diese zu erweitern, um die Qualität der Empfehlungen ab dem ersten Klick zu gewährleisten und neue Elemente einfach hinzufügen zu können. Ebenso wie das kollaborative Filtern wird das Reinforcement Learning dem Bereich der  künstlichen Intelligenz zugeordnet. Im Zentrum steht hier allerdings der Begriff des Agenten, der mit seiner Umgebung in andauernder Wechselwirkung steht. Ein Agent ist ein Softwarebestandteil. Dieser ist in einem bestimmten Rahmen zu eigenständigem Handeln fähig. In Abhängigkeit von der Belohnung, die er in bestimmten Systemzuständen erhält, ist er in der Lage, sein Verhalten strategisch auszurichten. Durch diesen innovativen Ansatz erhält die Personalisierung durch das ständige Wechselspiel zwischen Umweltanalyse und Agentenreaktion eine neue Qualität. Die prudsys Realtime Decisioning Engine (kurz prudsys RDE) nutzt diese Vorgehensweise und liefert somit Personalisierung von besonderer Relevanz ab dem ersten Klick.

Fazit

Der Einsatz von Personalisierung hat einen deutlich positiven Einfluss auf das Einkaufserlebnis und die Kundenbindung. Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Objekte der Personalisierung erzielen durch personalisierte Cross- und Up-Selling-Angebote einen deutlichen Mehrumsatz. Wer den Einsatz einer Personalisierungslösung plant, sollte vorab überlegen, an welcher Stelle er diese einsetzen möchte, welche Objekte der Personalisierung er verwendet und auf welcher Ebene er diese nutzt.

Personalisierung ist aktuell weitaus mehr als Recommendations (Empfehlungen), sodass auch andere Anwendungsfelder wie Marketing Automation und Dynamic Pricing zu einer ganzheitlichen Personalisierungslösung gehören. Hierbei sind besonders die Use Cases Warenkorbabbruchsprävention und Retourenvermeidung für Onlineshop-Betreiber interessant. Neben dem ganzheitlichen Ansatz muss die Personalisierungslösung Omnichannel-fähig sein, damit diese den aktuellen Ansprüchen gerecht wird.

Autor

Christoph Knaup ist seit 2014 als Marketing Manager bei der prudsys AG am Hauptstandort in Chemnitz tätig. Dort ist er in erster Linie für die Bereiche Online- und Content-Marketing verantwortlich. Er schreibt regelmäßig Beiträge auf dem firmeneigenen Blog „Recommendation Engine“ sowie Gastbeiträge auf zahlreichen E-Commerce-Plattformen. Die prudsys Realtime Decisioning Engine (kurz: prudsys RDE) zählt zu den weltweit erfolgreichsten Personalisierungslösungen.

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