Snapchat für Ihr Business?

Wie die Jugend-App Snapchat zum Influencer-Kanal für Brands wird und für wen sich die Snap-Kommunikation wirklich lohnt

Nach raketenartigem Wachstum seit Ende 2015 fehlt das Schlagwort „Snapchat“ heute in keiner Debatte zum digitalen Marketing mehr. Trotzdem reden gefühlt mehr Experten über Snapchat, als dass sie damit arbeiten. Das mag zum einem an der relativ jungen Zielgruppe des Mediums liegen, die nicht jeder adressiert. Zum anderen spielt auch das Format eine große Rolle.

Denn wer nicht übermäßig gern mit Bildern und Videos arbeitet, ist bei Snapchat an der falschen Adresse: ohne Bild oder Bewegtbild geht nichts. Das Visuelle steht absolut im Zentrum. Social Media Marketiers, die Bilder eher schmückendes Beiwerk sehen, sind nach wie vor bei Facebook, Twitter und Co. besser aufgehoben.

Am Anfang war der „Snap“

Das vorausgeschickt kann man die Besonderheit von Snapchat vielleicht so auf den Punkt bringen: eine noch stärkere Verknappung von Social Media Interaction. Nicht nur der Kanal (mobil) und die Darstellungsform sind vorgegeben: bei Snapchat ist auch noch die zeitliche Haltbarkeit extrem begrenzt.

Diese vielen Limitierungen stellen hohe Anforderungen an eine Kommunikation, die zugleich auch noch unterhaltend sein soll. Mit Blick auf Content Marketing Strategien treibt Snapchat Storytelling auf die Spitze: der Bild-Text-Komposition bleiben nur 10 Sekunden für eine gezielte Message an die Freunde, für eine Mini-Story. Für einen guten Snap, muss alles passen. Ein Kommentar, der mehr oder weniger umschreibt was auf dem Bild zu sehen ist („Toller Sonnenuntergang!“), ist auf facebook und twitter weithin akzeptierter Alltag. Auf Snapchat wäre dies ein verfehlter Post, der bestenfalls ungelesen untergeht. Schlimmstenfalls langweilt er.

Gib mir eine „Story“

Während ein Snap ein kurzlebiges Kommunikationselement ist, ein kurzes Hallo-Sagen mit Bild, ist eine Storyschon etwas ausgefeilter: eine geordnete Reihe von Fotosnaps, kann nach Belieben bekritzelt oder geo-getagged werden, läuft als Video ab und erlischt erst nach 24 Stunden.

Es ist wahrscheinlich das Herzstück der Snapchat-Aktivitäten für jeden, der mit einem Business-Fokus auf Snapchat präsent sein will: erst jenseits des einfachen Fotos und seiner kurzlebigen 10-Sekunden kann eine komplexere Message, die Informationswert oder Brandeffekt haben soll, entwickelt werden – und erst für diese längere Existenz eines Tages lohnt sich auch der Aufwand.

Die im Weiteren vorgestellten und von Snapchat inzwischen gut ausgearbeiteten Werbeformate spielen natürlich auch eine wichtige Rolle; allein werden sie die Reichweite und Friend-Zahl aber nicht halten können. Snapchatter wollen sich einereits amüsieren, sie wollen aber auch ein authentisches Gegenüber haben. Während in twitter und facebook auch neutral kommentierte Links und wertvolle Lesevorschläge ihre Existenzberechtigung haben, zählt das auf Snapchat nicht. Es kommt auf die kleine Anekdote an, den witzigen Kommentar – entsprechend wichtig ist die „Story“-Funktion.

Dass die „Stories“ nicht nur wichtig, sondern sogar sehr wichtig sind, zeigt sich in der Tatsache, dass das von facebook übernommene Instagram vor zwei Tagen exakt die gleiche, genauso benannte Funktion ebenfalls eingeführt hat – und das schamlose Kopieren nicht mal leugnet (was auch schwer möglich wäre.)
Wie jeder gute Manager dachte sich Mark Zuckerberg: „Make or buy?“ Und nachdem „buy“ nicht funktionierte, weil Snapchat rundheraus ablehnte, hat er nun mit „make“ ernst gemacht.

SnapAd – der Werbe-Klassiker

Für gewerbliche Nutzer, die auf Snapchat ernsthaft Reichweite gewinnen möchten und zugleich direkt auf ihren Service verlinken wollen, bieten sich folgende Aktivitäten an:

Mit Video Ads kann ein Link in die Unternehmens-App, in den Appstore zum Download oder zur direkten Interaktion der mobilen Website gesetzt werden.

Ein beliebtes Spielzeug auf Snapchat sind die sogenannten Lenses, die als interaktive Maske die Videos der Snapchatter verschönern. Ob als eigenes Element wie in der US-Kampagne von Kraft oder als kombinierte Kampagne wie bei Trolli (ebenfalls USA).

Der entscheidende Faktor ist die Möglichkeit bei den Ads zu verlinken. Links können auch direkt auf die mobile Unternehmensseite oder zu Produkten in Apps führen. In der normalen Snapchat-Konversation sind generell keine Verlinkungen möglich, sodass für eine messbare Performance-Kampagne nur ein kostenpflichtiges Werbeformat infrage kommt. Wobei es auch schon Kaufentschlossene gegeben haben soll, die URLs von Hand abgeschrieben und in den Browser kopiert haben.

„Discover“ – für Medienmacher

Mit einem eigenen Kanal können Medienunternehmen wie Fernsehsender, Newsplattformen oder Magazine bei Snapchat auf Sendung gehen und auch längere Formate mobil aufs Handy übertragen.

Für die Mehrheit der Retail-Konzepte kommt dieses „Discover“ genannte Format eher nicht infrage.

Going local

Features, mit dem lokale Dienstleister und der stationäre Handel liebäugeln dürften, sind Snapchats Geofilter. Als privater Nutzer kann man gewissen Vorgaben folgend schnell und kostenfrei einen individuellen Geofilter für den eigenen Ortsteil oder Kiez erstellen. Während der EM waren Snapchat Eurotrip Challenges beliebt und zeigten eindrucksvoll, wie schnell und mit Spaß sich Fremde über Snaps finden, kennenlernen und vernetzen.

Alle Geofilter werden von Snapchat erst nach Prüfung freigegeben, für Gewerbe ist der Service kostenpflichtig. Über einen Marketingaccount kann der eigene Geofilter angelegt, lokal und zeitlich definiert werden. Die Bestätigung und Freigabe erfolgt binnen eines Arbeitstages. Das erste Unternehmen, das Snapchat Geofilter in den USA nutze, war McDonald‘s, seitdem sind viele gefolgt.

Influencer Marketing für Profis

Leute interessieren sich nur bedingt für die Marke, sie wollen ein echtes Gegenüber einen Menschen, denn wer möchte schon einem Logo folgen?! Hier müssen Strategien zur echten Mehrwertgenerierung ansetzen. Das Schlagwort heißt „Influencer Marketing“. Vor allem seit der jüngsten Einführung des bisher wenig beachteten „suggest“-Buttons bekommen Influencer eine extreme Bedeutung im Ausbau der „friends“-Gemeinde. Bisher musste in vielen Schritten die exakte Schreibweise gemerkt und manuell in einem versteckten Menü abgetippt werden. Inzwischen reicht die Empfehlung eines „Freunds“, um per Klick einer bestimmten Person zu folgen.

Inzwischen gibt es mit SNAPworld bereits die erste Agentur, die Snapchat Influencer vermittelt. Diese werden dann über einen vereinbarten Zeitraum das Produkt in ihren Snaps platzieren. Gerade für Luxusmarken ist das durchaus wirksam. Bei der schnellen Vergänglichkeit der Snaps werden viele Screenshots erstellt, später nachgeschlagen und gegoogelt. Passt der Match mit dem Influencer, ist selbst das manuelle Abtippen der Produkte oder URLs kein Problem (denn außerhalb der Werbeformate erlaubt wie erwähnt Snapchat keine Links).

Mit mehreren tausend Euro pro Post, wie sie etwa im Fashionbereich für die länger etablierten Social Media Plattformen im Raum stehen, sind diese Kampagnenelemente gezielt einzusetzen und nichts für Marketing mit der Gießkanne.

Snapchat – wer kann’s?

Über 70% der Snapchat-Nutzer sind unter 25, die nächstgrößere derzeit wachsende Tranche ist die der bis 35 Jährigen. Die Zielgruppe ist nicht nur höchst digital affin sondern auch durchaus kaufkräftig. Mehrheitlich wird inzwischen die Einschätzung geteilt, dass Snapchat dynamisch durch seine Verbreitung und das steigende Interesse der Marketiers, aber auch aus firmenstrategischer Entwicklung nun verstärkt ältere Nutzer anziehen wird. Entsprechende Services, wie beispielsweise Bilder über die Funktion „Memories“ als „to my eyes only“ zu speichern, nicht öffentlich abzulegen und zu einem späteren Zeitpunkt hervorzuholen und aufmerksamkeitswirksam zu snappen, verdeutlichen dies.

Nun mögen einige sagen: gut, dann warte ich bis meine entsprechende Zielgruppe sich dort tummelt und lege dann los. Die anderen, die vielleicht weniger Budget zur Verfügung haben und organisch wachsen müssen oder wollen, finden vielleicht jetzt als früher Vogel den genau richtigen Moment zum Einstieg.

Denn wer es darauf anlegt, kann auch ohne „Gesicht“ und ohne große Budgets eine packende Story erzählen – die muss dann allerdings bis ins Letzte auskonzipiert und arrangiert sein: eine Geschichte in mehreren Etappen, die den Strang fortsetzen; Insider-Witz verbunden mit Zugänglichkeit, sodass der Leser am Ball bleiben will, um nichts zu verpassen, der Quereinsteiger aber trotzdem auch noch Zugang findet.

ProSieben ist überraschenderweise ein ‚altes‘ Medienunternehmen, das den Snapchat-Nerv absolut trifft. Bei ihrer Programmzielgruppe ist dieses Medienverständnis auch geboten. Authentizität wird dadurch geschaffen, dass ein Moderator die Rolle des „Gesichts“ übernimmt. (Account: pro7offical)

Sixt als Marke ist für sehr solide aber eher langweilige Kommunikation bekannt, bekümmert sich darüber aber nicht und ist schon lange auf Snapchat aktiv. Sie verfolgen einen anderen Weg als der Medienkonzern und lassen in regelmäßigen Abständen einen bekannten Kopf und Influencer ihren Snapchat Account für einige Zeit übernehmen. (Account: SixtDE)

Fazit

Starke Marken mit einer jungen Zielgruppe zwischen 14 und 25 Jahren, B2C-Unternehmen mit einem Fokus auf die Zielgruppe Digital Natives, frequentierten Points-of-Sale, einem Filialnetzwerk oder einer breiten Community sind gut beraten, sich Snapchats jetzt ernsthaft anzusehen. Das Netzwerk und die Plattform sind nicht nur gewachsen sondern gereift und den Kinderschuhen definitiv entwachsen. Snapchat bietet heute alles, um Kampagnen professionell zu budgetieren, zu planen, zu erarbeiten, umzusetzen und zu messen. Das Flankieren einer breitenwirksamen Cross-Channel Kampagne oder eines reichweitenstarken Events auf Snapchats sind geeignete Projekte für den Einstieg, denn hier kann mit bestehendem Material experimentiert und die kurzlebige Luft der Snapchat- Bühne geschnuppert werden.

Quelle und Bilder: Snapchat und wie im Text genannt

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