E-Commerce international – 8 Fragen zur Geoblocking-VO

Die neue Geoblocking-Verordnung im Onlinehandel ab Dezember 2018

Als hätte der Onlinehandel nicht schon genug mit dem Weihnachtsgeschäft zu tun… Nach dem Beschluss des EU-Parlaments Anfang des Jahres wird es jetzt konkret, denn ab dem 3. Dezember 2018 gilt die neue Verordnung (EU) 2018/302 gegen ungerechtfertigtes Geoblocking im Binnenmarkt (GB-VO).

Ziel ist es, innerhalb der Europäischen Union einen freien und reibungslosen Binnenmarkt zu gewährleisten.

Die Verordnung regelt das im Wesentlichen über zwei Verbote: Zum einen ist die Sperrung von Webseiten, zum anderen das Zugrundelegen von unterschiedlichen Vertragskonditionen einschließlich Nettopreisen und Zahlungsoptionen auf der Grundlage von Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Niederlassung verboten. Jegliche Differenzierungen und Beschränkungen aus Gründen des Aufenthaltsortes des Kunden sollen künftig unterbunden werden.

Das hat für den Onlinehandel weitreichende Auswirkungen, denn das bisher übliche Geoblocking wird unzulässig und Anbieter von Waren und Dienstleistungen werden faktisch gezwungen, auch Kunden aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zu akzeptieren.

1.     Was ist Geoblocking?

Beim Geo-Blocking werden bestimmte Internetinhalte nur einem regional definierten Nutzerkreis zugänglich gemacht. Beispiele:

  • Einem Internetnutzer aus Frankreich wird ein deutschsprachiger Onlineshop nicht angezeigt, sondern er wird automatisch auf den französischen Onlineshop des Händlers umgeleitet. Technisch läuft das über die IP-Adresse des Nutzers, über die das System erkennt, aus welchem Land der Nutzer stammt.
  • Ein Kunde aus Spanien kann in einem deutschen Onlineshop nicht bestellen, weil das System über das Bestellformular seine spanische Adresse ausschließt.

2.     Für wen gilt die Verordnung – und für wen nicht?

Die Verordnung verpflichtet alle Unternehmen im geschäftlichen Verkehr mit „Kunden“. Das können nach Art. 2 Nr. 13 GB-VO Verbraucher sein, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen oder ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben (B2C), aber auch andere Unternehmen, die ihre Niederlassung in einem Mitgliedstaat haben und das Geschäft als Endkunde tätigen. Damit gilt die GB-VO auch im Bereich B2B, solange der Kunde in dem Fall kein Wiederverkäufer ist.

3.     Für welche Waren oder Dienstleistungen gilt die GB-VO nicht?

Die GB-VO gilt u. a. nicht für Händler, die urheberrechtlich geschützte Inhalte verkaufen. Beispiele: E-Books, Zugriff auf Mediatheken oder Musik- oder Film-Streaming. In diesem Bereich gilt jedoch seit dem 1. April 2018 die Portabilitätsverordnung (EU) 2017/1128. Danach muss der Abruf der Inhalte für EU-Bürger auch dann möglich sein, wenn sich diese nur vorübergehend in einem anderen Mitgliedsstaat aufhalten.

Die Geo-VO gilt auch nicht für Dienstleistungen nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Dazu gehören u. a. Dienstleistungen im Bereich Finanzen, elektronische Kommunikation, Verkehr, Gesundheit oder Soziales. Auch ausgenommen sind sog. audiovisuelle Dienste, auch im Kino- und Filmbereich, und Rundfunk.

4.     Ist das Umleiten auf Länder-Shops jetzt verboten?

Die neue Verordnung verbietet das „Routing“, also das automatische Umleiten von Nutzern einer bestimmten IP-Adresse auf eine bestimmte Webseite (Art. 3 Abs. 2 GB-VO). Beispiel: Ein schwedischer Webseitenbesucher wird automatisch auf die schwedische Version eines Shops umgeleitet und hat keine Möglichkeit, auf die deutsche Version des Anbieters zuzugreifen. Das ist künftig unzulässig.

Es gibt jedoch eine Ausnahme: Die Umleitung ist doch im Einzelfall zulässig, wenn der Webseitenbesucher vorab ausdrücklich zustimmt. Aber auch dann müssen die anderen Versionen der Webseite weiterhin für ihn frei zugänglich bleiben. Auch muss der Webseitenbesucher seine Einwilligung jederzeit widerrufen können. Beispiel: Der schwedische Webseitenbesucher erhält im deutschen Onlineshop die Wahlmöglichkeit, d.h. er kann zustimmen, auf den schwedischen Onlineshop umgeleitet zu werden. Die Zustimmung kann auch dauerhaft oder innerhalb eines Kundenkontos eingeholt werden und muss dann nicht bei jedem Besuch des Shops erneut abgefragt werden (Erwägungsgrund 20).

5.     Dürfen in unterschiedlichen Länder-Shops unterschiedliche Preise verlangt werden?

Grundsätzlich bleibt es beim Grundsatz der Privatautonomie, d.h. einem Shopbetreiber steht es weiterhin frei, seine Preise selbst zu bestimmen und unterschiedliche Nettoverkaufspreise innerhalb seiner unterschiedlichen Länder-Shops zu verlangen. Allerdings ist es künftig verboten, einen Kunden wegen der seiner Staatsangehörigkeit, seinem Wohnsitz oder seiner Niederlassung durch Zugrundelegung unterschiedlicher Vertragsbedingungen oder Preise zu diskriminieren, wenn eine dieser drei Fallkonstellationen vorliegt (Art. 4 GB-VO):

  • Ein Kunde kauft Ware in einem Onlineshop, der die Lieferung in einen Mitgliedsstaat oder die dortige Abholmöglichkeit anbietet. Hier müssen für den Kunden aus dem anderen Mitgliedsstaat ebenfalls dieselben Preise und Lieferbedingungen gelten. Beispiel: Ein deutscher Onlineshop bietet die Lieferung innerhalb Deutschlands an. Dann darf ein französischer Kunde zu denselben Konditionen bestellen, wenn er die Ware in Deutschland abholt oder sonst selbst den Transport organisiert.
  • Ein Kunde bezieht elektronisch erbrachte Dienstleistungen, die nicht urheberrechtlich geschützte Inhalte sind (z. B. die Nutzung von Cloud-Diensten, Hosting). Auch wenn der Anbieter seinen Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat hat, muss er seine Dienste grenzübergreifend zu denselben Bedingungen innerhalb der EU anbieten.
  • Ein Kunde nimmt andere als elektronisch erbrachte Dienstleistungen von einem Anbieter mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch (z. B. Buchung von Hotelzimmern, Nutzung eines Mietwagens, Buchung eines Konzerttickets). Auch hier darf der Anbieter für Kunden aus anderen Mitgliedstaaten keine anderen Konditionen zugrunde legen.

6.     Dürfen noch unterschiedliche Ländershops eingerichtet werden?

Es bleibt weiterhin zulässig, für unterschiedliche EU-Länder unterschiedliche Shop-Versionen anzubieten, nur das automatische Sperren bzw. Umleiten ist nicht mehr erlaubt. So regelt Art. 4 Abs. 2 GB-VO ausdrücklich, dass Anbieter nicht daran gehindert sind, „allgemeine Geschäftsbedingungen für den Zugang, einschließlich Nettoverkaufspreisen, anzubieten, die sich von einem Mitgliedstaat zum anderen oder innerhalb eines Mitgliedstaats unterscheiden und die Kunden in einem bestimmten Gebiet oder bestimmten Kundengruppen in nichtdiskriminierender Weise angeboten werden.“

Erforderlich ist jedoch, dass sämtliche Shop-Versionen allen Kunden mit allen Bestellmöglichkeiten und Nettoverkaufspreisen gleich zugänglich sind. In Erwägungsgrund 20 heißt es dazu: „Manche Anbieter betreiben verschiedene Versionen ihrer Online-Benutzeroberflächen für Kunden aus verschiedenen Mitgliedstaaten. Das sollte zwar weiterhin möglich sein, hingegen sollte es untersagt werden, Kunden ohne deren ausdrückliche Zustimmung von einer Version der Online-Benutzeroberfläche zu einer anderen Version weiterzuleiten.“

7.     Werden Onlinehändler jetzt gezwungen, ins gesamte EU-Ausland zu liefern?

Nein, kein Händler wird zur Versendung der Ware ins EU-Ausland gezwungen. Allerdings ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 a und Erwägungsgrund 23 GB-VO, dass Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten zu denselben Konditionen bestellen können müssen, wie inländische Kunden. Insgesamt müssen die Kunden in der Lage sein, Waren zu genau den gleichen Bedingungen, einschließlich Preisen und Lieferbedingungen zu bestellen wie sie für vergleichbare Kunden mit Wohnsitz oder Niederlassung in dem Mitgliedstaat, in den die Waren geliefert oder in dem sie abgeholt werden können, gelten. In Erwägungsgrund 23 GB-VO heißt es dazu: „Das kann bedeuten, dass ausländische Kunden die Ware in dem betreffenden Mitgliedstaat oder in einem anderen Mitgliedstaat, in den der Anbieter liefert, abholen oder die grenzüberschreitende Lieferung der Waren auf eigene Kosten selbst organisieren müssen.“

Onlinehändler werden daher zwar nicht gezwungen, in jeden Mitgliedsstaat zu versenden, sie müssen aber die Abholung durch den Kunden innerhalb ihres Liefergebietes ermöglichen. Beispiel: Wenn ein Spanier Ware in einem deutschen Onlineshop bestellt, darf seine Bestellung wegen seines Wohnsitzes in Spanien nicht abgelehnt werden. Hat der Händler das Liefergebiet in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Deutschland begrenzt, kann er nicht gezwungen werden, die Ware auch nach Spanien zu liefern. Er muss dem Kunden aber die die Möglichkeit bieten, die Ware entweder selbst in Deutschland abzuholen oder den Transport sonst selbst zu organisieren.

8.     Bleibt es erlaubt, weiterhin einen nur auf ein bestimmtes Liefergebiet beschränkten Onlineshop zu betreiben?

Ja, denn Unternehmen werden durch die Geo-VO nicht verpflichtet, künftig ihr Liefergebiet auf die gesamte EU auszuweiten. Beispiel: Es bleibt zulässig, etwa über die deutsche Sprache nur deutsche Kunden oder solche aus der DACH-Region anzusprechen und das Liefergebiet in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend nur auf Deutschland oder Deutschland, Österreich, Schweiz zu definieren.

Was ist das To Do bis 03.12.2018

  1. Löschen aller automatischen Umleitungen auf Länder-Shops
  2. Installation einer technischen Möglichkeit, die Zustimmung zu Weiterleitungen einzuholen
  3. Anpassung der Bestellformulare, Kundenregistrierungen usw. zur Ermöglichung der Eingabe von ausländischen Adressen
  4. Anpassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf das Liefergebiet
  5. Anpassung der Zahlungsoptionen
  6. Einrichtung der Prozesse zur Ermöglichung von Warenabholungen 
Tel. +49 761 36889 0
Mail. [email protected]