Future Retail, future markets – der Wandel betrifft alle!

Recap K5 Conference 2019 

Das E-Commerce Jahr 2019 hat Halbzeit. Sechs Monate ist es her, dass die Trendprognosen des ausklingenden alten und anklingenden neuen Jahres verkündet wurden. Das Schöne an dynamischen Märkten und der Digitalisierung im Retail ist, dass man sehr bald weiß, ob sie richtig waren oder nicht.

Schon allein deswegen liegt die K5 Berlin #K5BLN in der Jahresmitte sehr günstig. Aber auch wegen ihres Programms, des Speaker Line-ups und der Teilnehmerschaft ist sie (wenn nicht das E-Commerce Meetup überhaupt) eines der wichtigsten deutschen E-Commerce Events.

Von wegen "Retail": E-Commerce Crossover!

Aus dem Retail ist die K5 (bzw. Live Shopping Days) vor neun Jahren gestartet, den Retail trägt sie noch immer in der Tagline. Was man aber eigentlich präsentiert bekommt, sind die wichtigsten Geschäftsfelder für E-Commerce.

Zum Glück! Denn E-Commerce ist nicht mehr, was er früher war. ‚Plattform' war vermulich das am häufigsten verwendete Schlagwort.
Auch B2B-Konzepte sind quasi durch die Hintertür in fast alle Themenblöcke hineindiffundiert.
Und selbst der Tod des klassischen E-Commerce würde verkündet. Eine gute Portion Drama gehört schließlich auch zu einer gelungenen Experience.

Internationalisierung und globale Player sind zwar auch als wichtige Themen behandelt worden, aber eher in der dritten Person. De facto fehlt es auf der Bühne nach wie vor noch an internationalen Speakern.

Zudem sind Gründer- und M&A-Themen zusammen mit dem traditionellen Retail Mittelstand noch stärker vertreten als alles andere.

Unterm Strich reflektiert diese Zusammensetzung aber eben auch wahrheitsgemäß den Status quo der aktuellen Debatte in der deutschen Digitalszene, die von Fashion, Lifestyle und neuen Konzepten angeführt wird.

Schlaglicht Re-Commerce:
Momox entsagt der Elektronik und zeigt sich agnostisch

Mein Lieblingswort der Konferenz war (mit Abstand) der von Heiner Kroke verwendete Terminus ‚verkaufskanalagnostisch‚. So bezeichnetet der CEO von Momox während des Elektronik-Panels die Devise seines Unternehmens bei der Gewinnung von Neukunden und Marketshare. 

Momox mit Sitz in Berlin ist größter deutscher Ebay-Händler sowie weltweit erfolgreichster Händler auf Amazon Marketplace (Momox ist weltweit erfolgreichster Händler auf Amazon Marketplace) und hat seine Marktplätze im Griff wie kein Zweiter.

Dennoch setzt das Re-Commerce Unternehmen ganz gezielt auf eigene Websites (u.a. https://www.medimops.de/ auf OXID Technologie). Mit Erfolg: über die eigenen Kanäle geht nach ihrer Aussage auch der meiste Umsatz: von 30-40% der Bücher und Medien und bis zu 80% bei Fashion.

Die Elektronik-Sparte hat der erste deutsche Re-Commerce'ler inzwischen eingestellt – wegen zu geringer Marge. Re-Commerce, so Kroke, sei eben kein Preis- sondern ein Zeitoptimierer. Und Elektronik drehe einfach nicht schnell genug.

Schlaglicht Food:
Getnow versteht sich als "Kitt" für die letzte Meile

Eine spannende Gegenüberstellung bot das Food & Delivery-Panel mit drei äußerlich ähnlichen, aber im Kern sehr unterschiedlichen Konzepten.

Getnow, shooting star des letzten Jahres (Getnow.de erobert Food-Markt mit OXID eShop), saß neben dem Schweizer Produktmarktplatz farmy.ch und Flaschenpost, die sich unter den Getränkelieferdiensten vor allem durch eine starke eigene IT und Algorithmen für die Tourenplanung hervorheben.

Getnow hingegen, auf dem Panel vertreten durch CTO Sebastian Wiese, hat weder eigene Produkte noch eigene Infrastruktur. Sondern pickt die Ware bei Metro-Märkten, entwickelt die Fläche vor den Märkten und nutzt für die Lieferung zum Teil binnen 1 Stunde die Logistik von (unter anderem) DHL.

Als "E-Commerce Kitt" könnte man das Geschäftsmodell von Getnow bezeichnen, das die verschiedenen Kompetenzen vielleicht gerade deswegen so erfolgreich zusammenbringen kann, weil man weder der einen noch der anderen Spezialisierung verhaftet ist. Spezialisten sind sie hingegen auf dem Feld der Kundenkommunikation und -entwicklung und fokussieren sich voll auf eine durchschlagende Marketing-Maschine.

Schlaglicht B2B Global:
Samsungs Plattform für alles

Einen Blick hinter die Kulissen eines Global Players und starken Brands gab es mit Samsung Electronics Austria. Interessant war hier vor allem zu hören, wie eng doch B2B und B2C, Commerce Anforderungen und internationales Fulfillment in Wahrheit zusammenhängen. Deswegen muss man große Gesamtbild betrachten – jeweils in der Dimension Strategie und Technologie.

Auf der Bühne erklärten Bernd Richter, Master Trainer IM Samsung Austria, Thomas Hofer, Head of E-Commerce bei Xvise innovative logistics und Roland Fesenmayr, CEO OXID eSales AG in einem Mini-Panel, wie Samsung sich in Österreich eigentlich aufstellt.

Da sind ca. 1000 Shops, in denen Samsung allerhöchsten Wert auf Customer Experience und Branding legt. Test- und Mietmöglichkeiten für die Kunden werden mit Mastertraining und Ambassador Programm inklusive E-Learning Angebot begleitet. Dafür setzt Samsung Austria die OXID Plattform für E-Commerce ein, benötigt aber eben auch die volle Fulfillment-Integration für eine Lösung, die alles abbildet: Kauf, Training, 3 Monate Miete – und alles jederzeit trackbar.

Xvise, Logistikexperten und innovative Speerspitze der Gebrüder Weiss, bauten diese eine Plattform für komplexes Fulfillment, die Kommissionierung sowohl aus Europa und Korea taktet und Retouren direkt vom Endkunden entgegennimmt. So kommen internationale Loogistik, B2B und B2C zusammen.

Schlaglicht Marketplaces: Masterclass ergänzt die Panels

Amazon und wie man gegen Amazon bestehen kann (und wo schon lange nicht mehr), war der rote Faden der sich durch nahezu alle Formate der zweitägigen Konferenz zog.

Dieser Fokus unterstreicht einerseits die wahnsinnige Marktmacht des US-Riesen (Handelsblatt: Amazon verrät aus Versehen den deutschen Marktplatzumsatz). Aber man könnte es auch aus der anderen Richtung betrachten: solange sich alles um Amazon dreht, ist das Geschäft noch nicht mit Amazon verschmolzen.

Tatsächlich wurde die Relevanz weiterer Marktplätze (Tagessschau: Amazon und Alibaba – Der Kampf der E-Commerce Giganten) angenehmen differenziert betrachtet, sowohl auf den Panel für kleinere Händler, als auch mit Blick in andere Länder.

Eine lesenswerte Kurzversion des K5-Vortrags von Netzökonom Holger Schmidt findet sich hier: etailment: So rollen Amazon, Alibaba und Co. den deutschen Markt auf.

Das interaktive Format der Masterclass – hier im Bild von E-Commerce Rockstar Michael Atug zu Märktplätzen – ist 2019 erst das zweite Mal auf der K5 dabei und hat sich als interaktiver Deep Dive in Ergänzung zu Frontalvortrag und Networking hervorragend bewährt.

Alle Classes waren durchweg sehr gut besucht und stellten auch neue Speaker und Themen vor (z.B. >>Nachhaltigkeit und Klimaschutz), die man nächstes Jahr gern auch auf der großen Bühne sehen würde.

Fazit

E-Commerce ist schon längst nicht mehr nur klassischer Handel als Kunden- und Produktkompetenz mit digitalen Mitteln. Für den Commerce Erfolg über alle Kanäle sind heute ganz andere Kompetenzen und Partnerschaften erforderlich. Wir bewegen uns in einem Feld, in dem stetiges Entwickeln, Aufsetzten und Abschätzen neuer Geschäftsmodelle zum Muss geworden ist.

Experimente sind genauso wichtig, wie das >>Sägen am eigenen Ast (Laudert Magazin 02/2019 ab S.5). Und das gilt nicht nur für stationäre Unternehmen, die sich gerade digitalisieren. Genauso betroffen sind auch die Player, die längst digital unterwegs und gut aufgestellt sind.

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