Omnichannel oder Multichannel?
Der richtige Kanalmix entscheidet!
Für das Phänomen, vielfältige Kanäle orchestrieren zu müssen, finden sich verschiedene Namen. Am häufigsten sind die Begriffe „Multichannel“ und „Omnichannel“, die oft fälschlich austauschbar verwendet werden. Denn tatsächlich bezeichnen sie unterschiedliche Strukturen.
Worin unterscheiden sich Omni- oder Multichannel-Konzepte?
Beide Begriffe beschreiben ein Geschäftsmodell, in denen die unterschiedlichen Kanäle – etwa das stationäre Ladengeschäft und der Onlineshop - gleichberechtigt behandelt werden. Aber in dem einen Fall sind die Verflechtungen dieser Kanäle wenig bis gar nicht ausgeprägt (Multichannel). Im anderen Fall sind die Kanäle sehr stark verflochten (Omnichannel). (Für eine Begriffsdefinition siehe https://norisk.group/news/die-omnichannel-strategie/)
Wie unterschiedlich sich ein Unternehmen präsentiert, je nachdem ob es sich für einen Multichannel-Ansatz oder für Omnichannel entschieden hat, wird anhand der folgenden Beispiele deutlich.
Multichannel oder Omnichannel im Retail? Vergleichsbeispiel Produktdarstellung:
Gerade in den Segmenten Fashion und Lifestyle nutzen Endkunden sowohl online als auch offline Kanäle, um sich zu informieren und den Kauf vorzubereiten.
Werden Ladengeschäft und Onlineshop gleichermaßen ernsthaft parallel betrieben, kann man bereits von einer Multichannel-Struktur sprechen. Selbst wenn diese beiden Kanäle nahezu unverbunden sind, werden die Kunden sie aus ihrer Gewohnheit heraus dennoch parallel nutzen, etwa indem sie während des Stöberns im Laden über ihr Smartphone die Website aufsuchen. Dieses gewohnheitsmäßige Befragen des Onlinekanals (oder umgekehrt, das Einladen in die Filiale) können Händler anregen und unterstützen, indem sie „cross channel“ vermarkten: etwa im Onlineshop die Verfügbarkeit in Filialen angegeben oder im Ladengeschäft über QR-Codes am Produkt auf zusätzliche Inhalte online verweisen.
Im Kontrast dazu gibt sich der Omnichannel-Ansatz damit nicht zufrieden. Der Anspruch ist vielmehr, digitale Darstellung und das Produkt auf der Fläche als miteinander verwachsen zu präsentieren. Es gäbe beispielsweise über den Ladenbau den online verfügbaren Content mittels Tablets, Smart Mirror oder digitaler Beratungstische mit Touchscreen direkt im Zugriff der Kunden. Dabei ist der zentrale Unterschied nicht, dass gezielt digitale Endgeräte investiert wird. Sondern das Leistungsverständnis ist ein anderes: die digitalen Inhalte und die Produkte am POS interagieren miteinander. Der Smart Mirror hätte beispielsweise Selfie-Funktion zum Sharing auf den sozialen Netzwerken. Videos von der offiziellen Kollektionspräsentation oder „Shop-the-Look“-Outfits können auf Bildschirmen im Laden aufgerufen werden. Oder den Kunden zugängliche Barcode-Scanner geben Aufschluss, welche Varianten des Produkts auf Lager sind – im aktuellen Geschäft oder an anderen Standorten.
Multichannel oder Omnichannel im Retail? Vergleichsbeispiel Service-Offering:
Die Unterschiede setzen sich beim Kaufabschluss und im Aftersales fort.
Während die Haptik und Passform der Produkte sowie die Inspiration durch Deko und Beratung vor Ort klare Vorteile des stationären Kaufs sind, gehören Schlangestehen an der Kasse und anschließendes Tütentragen eher zu den Nachteilen, die man gern an den Onlineversand oder Home Delivery abgibt.
Diesem sehr naheliegenden Wunsch kann nicht entsprochen werden, wenn die Strukturen nicht darauf vorbereitet sind. Oft zeigen sich die Grenzen sogar schon bei noch viel einfacheren Anfragen. Bei vielen Händlern können nach wie vor Gutscheine entweder für den Onlineshop oder den Store ausgestellt werden können, aber nicht für beides. Und selbst bei vielen digitalen Lösungen merkt man dem Service an, dass die historische Loyalty Card nicht neu konzipiert, sondern einfach „digital übersetzt“ wurde. Es ist eine vertane Chance, wenn die Möglichkeiten in Visualisierung, Echtzeit-Feedback und Vernetzung, die das Digitale bietet, nicht zur Kundenbindung genutzt werden.
In Multichannel-Szenarien haben die Kundinnen letztlich immer nur die zwei Optionen: Entweder sie kaufen online und lassen sich die Ware nach Hause liefern und retournieren sie auch online. Oder sie kaufen am Point-of-Sale, nehmen die Ware gleich mit und tauschen sie aber auch nur hier um. Im Multichannel muss man sich für einen Kanal entscheiden und bleibt dem auch verhaftet.
Nicht so bei Omnichannel. Hier geht es nicht darum, nach dem Prinzip „Entweder - Oder“ den Kunden auf einen bestimmten Kanal festzulegen, sondern ihm im Gegenteil mit einem Angebot von „Sowohl – Als auch“ jederzeit den größtmöglichen Zugang zu allen Kanälen zu anzubieten.
Produkte können online bestellt und stationär abgeholt werden. Berater im Store sehen über das Kundenkonto, welche Bestellungen vorher über alle Kanäle getätigt wurden und gehen darauf ein. Retouren werden überall akzeptiert, Rabatte und Boni sind nicht kanalgebunden und werden zentral getrackt, zum Beispiel über eine App, die die Kundin auch dann benötigt, wenn sie Altwaren stationär zum Recycling abgibt, oder online die Retoure anmeldet.
Diese zentrale, allumfassend („omni“) vernetzte Herangehensweise liefert, was die Customer Loyalty heute wirklich braucht: viel mehr als einen digital einsehbaren Punktestand und Multichannel-Voucher, nämlich ein individuelles Profil, das Boni, Content und Produkt-Bundles anhand von getätigten Käufen oder erkennbaren Interessen vorschlägt.
Auch wenn Omnichannel der jüngere, fortentwickelte Ansatz ist, der auf die Kundenerwartungen in einem immer stärker digitalisierten Umfeld reagiert, bestehen beide Konzepte, - Multichannel und Omnichannel - heute noch immer nebeneinander.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Artikel „Omnichannel oder Multichannel? - Wie Retailer das richtige Konzept finden“ vom 27. Juli 2022 der norisk Redaktion. Sie finden die Langversion unter: https://norisk.group/news/omnichannel-oder-multichannel-wie-retailer-das-richtige-konzept-finden/
Gastautor: norisk Group
Die norisk Group ist einer der führenden OXID eSales Agentur im deutschsprachigen Raum. Sie gestaltet innovative Omnichannel-Konzepte und bietet ganzheitliche Services im Bereich E-Commerce und Onlinemarketing. Dazu gehören Onlineshop-Implementierungen und deren Integrationen in bestehende ERP-/Warenwirtschafts-Systeme, die Automatisierung von Prozessen mit Echtzeit-Schnittstellen sowie nahtlose Bezahl-, Logistik- oder Gutscheinprozesse bis in den physischen Raum des Point of Sale, Datenanalyse und Onlinemarketing. https://norisk.group