(Versand)Handel und Wandel scheidet die Freundschaft

Fortsetzung Serie Markt-Trends 2018

Allem Wandel voran geht die Erkenntnis, dass der Status Quo nicht aufrechterhalten werden kann. Die Einsicht und Offenheit für den digitalen Wandel ist in den Chefetagen im klassischen Versandhandel mittlerweile angekommen. Alleine die Schmerzpunkte sind so groß und zahlreich, dass die Transformation dennoch schwerfällt. Was die größten Hindernisse auf dem Weg zum digitalen Erfolg sind und wie diese aus dem Weg geräumt werden können? Lesen Sie unten mehr.

1. Der Shift vom Multi- zum Omnichannel Commerce

Der Multichannel-Versandhandel ist ein wesentlicher Vertriebsweg für viele Waren. Durch die stetig zunehmende Online-Nutzung der Kunden, ergeben sich attraktive Kombinationen für den Absatz. Gerade Versandhändler nutzen diese Kanäle, egal ob in Form von Direktmarketing, über einen Webshop oder sogar über Filialen. Bis zu einer echten Omnichannel-Strategie ist es aber noch ein weiter Weg. Viele Kanäle werden zwar bespielt, aber nicht nahtlos miteinander verknüpft. Dadurch entstehen Medienbrüche und wertvolle Kunden- und Artikel-Informationen gehen von einem Kanal zum anderen verloren.

Erster Schritt: Organisation neu ausrichten

Der Anspruch des Kunden

Die Umsetzung einer Omnichannel-Strategie erfordert einen erheblichen Change-Management-Prozess, der sorgsam moderiert werden muss. Das beginnt mit dem Verständnis für die Kraft und Macht, die von der digitalen Transformation ausgeht und endet bei der Erkenntnis, dass der digitale Handel niemals ruht. Dieser Change-Prozess betrifft das gesamte Unternehmen, insbesondere auch das Marketing, das nur erfolgreich ist, wenn die kanalübergreifende Kundenansprache zentral entwickelt und gesteuert wird. Es gilt in den Köpfen der Belegschaft Denkhaltungen in Richtung übergreifender Ziele zu verändern, dafür Prozesse sowie Zuständigkeiten neu zu ordnen und die Unternehmensorganisation auf die veränderten Anforderungen hin auszurichten.

Zweiter Schritt: IT-Systeme konsolidieren

Eine weitere Herausforderung stellt die Verknüpfung der relevanten IT-Systeme dar. Neben den zentralisierten Prozessen sind sie es, die über Erfolg oder Misserfolg im Omnichannel Commerce entscheiden. Historisch bedingt sind Lösungen für Enterprise Resource Planning (ERP), Media Asset Management (MAM), Product Information Management (PIM) und Content-Management-Systeme (CMS) häufig getrennt voneinander gewachsen. Das erschwert die Interoperabilität der Systeme, zieht immer wieder Schnittstellenanpassungen nach sich und bleibt am Ende doch nur ein Kompromiss, der mühsam am Laufen gehalten werden muss. Dabei ist die Lösung keine Rocket Science, sondern eine gezielte Investition in die wirklich notwendigen Systeme. Im Idealfall wird neben dem ERP-System und Onlineshop nur noch ein einziges Content-System benötigt, das bisherige MAM-, PIM- und CMS-Systeme ablöst und die zentrale Steuerung sämtlicher Marketing-Maßnahmen auf transparente Weise ermöglicht.

2. Die Konkurrenz der Online Pure Player

Für die Größten der Branche ist das Mithalten mit dem digitalen Wandel zwar nicht trivial, aber doch wesentlich einfacher als für den Durchschnittshändler. Sie verfügen über ausreichend IT-Know-how und Ressourcen, um neue Technologien umsetzen zu können. So sah sich Zalando gezwungen, im Marketing 250 Stellen zu streichen, um die Marketing Strategie mittels Algorithmen und Künstlicher Intelligenz auf das nächste Level zu heben. Vermutlich haben sich die meisten Versandhändler noch nicht einmal mit einer einfachen Marketing Automation auseinandergesetzt. Geschweige denn haben sie KI-getriebene Technologien für ihr Marketing auf der Agenda stehen.

Aber genau solche Player setzen die Trends und verändern die Haltung und Erwartungen der Kunden in Bezug auf das Einkaufserlebnis. Während der Kunde zu Hause bereits nur mit seiner Stimme bei Alexa Dinge des täglichen Bedarfs bestellt, ohne dafür auch nur einen Mausklick in einem Shop tätigen zu müssen, geht es für den Versandhandel ums nackte Überleben. Und ein Aspekt dieses Überlebenskampfes ist, die Zukunft des Mediums Katalog. Denn dass dieser seine Daseinsberechtigung hat ist unbestritten. Denn immer mehr Online Pure Player setzen auf den Katalog oder Magalog als vorbereitendes Element für den Onlineverkauf. Und das in einer Zeit, da nicht einmal mehr 10% des Gesamtumsatzes über die klassischen Bestellwege (Katalog, Fax) umgesetzt werden (Quelle: EHI Handelsdaten).

Und ein weiterer Wandel zeichnet sich ab: Früher machten Hersteller ihre Ware mithilfe von Katalog-Versendern einer großen Zielgruppe zugänglich. Heute treten Markenhersteller zunehmend direkt an den Kunden heran. Unternehmen wie Mammut oder Adidas betreiben ihre eigenen Onlineshops und bieten zum einen dem Kunden ein authentisches Markenerlebnis, das er so z.B. in einem Katalog nicht finden kann. Zum anderen gewinnen sie direkten Zugang zu Kundendaten, auf die sie über den Katalogversender zuvor keinen Zugriff hatten.

 

3. Falsche Partner und Entscheidungen

„Wir sind weltweit der einzige Katalogversender, der überlebt hat“, sagte kürzlich Rainer Hillebrand, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Otto Group. Tatsächlich ist die Gruppe im Onlinehandel ganz vorne mit dabei. Der E-Commerce-Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2017/18 nach Unternehmensschätzungen um gut 11 Prozent auf rund 7,8 Milliarden Euro. Deutschlandweit betrug das Plus 10,2 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro.

Dieser Erfolg ist nicht selbstverständlich. Traditionsunternehmen wie Quelle und Neckermann, die in den 1950er und 60er Jahren den wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand symbolisierten, haben den Wandel nicht geschafft. Und auch heute sieht man immer wieder Beispiele gescheiterter strategischer Ansätze. Immer wieder suchen Unternehmen den schnellen Lösungsweg, wo sie sich die Zeit nehmen sollten, die Business Strategie sauber zu durchdenken, als quick and dirty schnelle Erfolge erzielen zu wollen. Viele setzen auf falsche Ratgeber, Partner oder treffen die falsche Entscheidung bezüglich des passenden E-Commerce-Konzeptes oder Shopsystems.

Fazit:

Die Herausforderungen im Versandhandels sind zwar groß, aber die Chancen keineswegs aussichtslos. Es liegt in der menschlichen Natur, dass nach der Erkenntnis, dass sich etwas ändern muss, die Taten selbst erfolgen müssen. Vom einen bis zum anderen Schritt kann es mitunter ein weiter Weg sein. In den oben beschriebenen Herausforderungen stecken noch viele Aspekte, die es zu beleuchten gilt. Doch scheint die Branche alle Zeit der Welt zu haben. Und genau das ist eben nicht der Fall. Während die einen noch Wege in die digitale Transformation suchen, transformieren sich die anderen bereits zum x-ten Male selbst und passen ihr Geschäftsmodell den immer neuen Anforderungen stetig an. Die tiefe Kenntnis über jeden Artikel und Kunden, das umfangreiche Angebot aus einer Hand, vom Katalog über den Versand, bis hin zum Kundenservice, spielt dem Versandhandel in die Hände. Es gilt, dieses Wissen mit dem richtigen Mindset, den passenden IT-Lösungen und zukunftsfähigen Konzepten schnell in die Tat umzusetzen.

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